Ver­wal­tungs­di­gi­ta­li­sie­rung und po­li­ti­sches Sys­tem (2)

«De­mo­cra­cy First» – Leit­mo­tiv der Di­gi­ta­len Trans­for­ma­ti­on

Marc Schaf­froth, 8. März 2024

Das Schwei­ze­ri­sche po­li­ti­sche Sys­tem ist im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich sehr de­mo­kra­tisch. Bei der Di­gi­ta­li­sie­rung hin­ge­gen liegt das Land in der eu­ro­päi­schen Rang­lis­te weit hin­ten. Dies liegt daran, dass u.a. der eGo­vernment Bench­mark der EU de­mo­kra­ti­sche Aspek­te beim di­gi­ta­len Ran­king zu wenig be­rück­sich­tigt. Dabei sind es ge­ra­de sol­che Po­li­tik­sys­te­me, die erst einen ganz­heit­li­chen Di­gi­ta­li­sie­rungs­an­satz er­mög­li­chen. In An­leh­nung an die World­wi­de Go­ver­nan­ce In­di­ca­tors soll­ten di­gi­ta­le Ran­kings die­ser Di­men­si­on zu­künf­tig bes­ser Rech­nung tra­gen.

Wie im ers­ten Teil die­ses Blog-​Beitrages aus­ge­führt, schnei­det die Schweiz, was die Qua­li­tät ihres de­mo­kra­tisch le­gi­ti­mier­ten Regierungs-​ und Ver­wal­tungs­sys­tems be­trifft, im in­ter­na­tio­na­len Ver­gleich her­vor­ra­gend ab (vgl. World­wi­de Go­ver­nan­ce In­di­ca­tors – WGI). Ho­heit­li­che (staat­li­che) Auf­ga­ben wer­den hier­zu­lan­de in po­li­ti­schen Aus­hand­lungs­pro­zes­sen vom Sou­ve­rän, d.h. den Bür­ger:innen, (direkt-​)de­mo­kra­tisch fest­ge­legt. Die Re­gie­run­gen und Ver­wal­tun­gen der drei Staats­ebe­nen han­deln auf der Grund­la­ge von Ver­fas­sung und Ge­setz und sind dar­über auch re­chen­schafts­pflich­tig. Die Kon­kor­danz för­dert lö­sungs­ori­en­tier­te und breit ab­ge­stütz­te Ent­schei­dun­gen. Po­li­ti­sche Pro­zes­se, Re­gie­rungs­tä­tig­keit sowie Ver­wal­tungs­voll­zug kön­nen auf­grund des Sub­si­dia­ri­täts­prin­zips nahe bei den Bür­ger:innen si­tu­iert wer­den. Die Schwei­ze­ri­sche Bun­des­ver­fas­sung ist in der Tat ein be­ein­dru­cken­der de­mo­kra­ti­scher und rechts­staat­li­cher Wer­te­ko­dex.

Einen deut­li­chen Kon­trast zu die­sen in­ter­na­tio­nal her­aus­ra­gen­den Vor­zü­gen des po­li­ti­schen Sys­tems der Schweiz bil­det das wie­der­holt schwa­che Ab­schnei­den in Sa­chen Di­gi­ta­ler Trans­for­ma­ti­on des öf­fent­li­chen Sek­tors. Als Bei­spiel sei hier der eGovernment-​Benchmark 2023 der EU zi­tiert: Die Schweiz liegt in der eu­ro­päi­schen Rang­lis­te hin­ter Grie­chen­land und vor Bosnien-​Herzegowina auf Platz 29 (von 35 Rän­gen). Der EU-​Benchmark folgt üb­ri­gens me­tho­disch der Gov­Tech-​Agenda der World Bank – dazu mehr wei­ter unten.

Die di­gi­ta­le Trans­for­ma­ti­on eines Lan­des ist kein aus­rei­chen­der In­di­ka­tor, um ein in­ter­na­tio­na­les Ran­king zu er­stel­len. Die an­ge­wand­ten de­mo­kra­ti­schen Sys­te­me spie­len eine große Rolle.

©Uns­plash / Clay Le­co­ney

Di­gi­ta­le Trans­for­ma­ti­on mit po­li­ti­schem Sys­tem ver­knüp­fen

Statt nun, wie dies in der öf­fent­li­chen Be­richt­erstat­tung der Fall ist1, über den «Fö­de­ra­lis­mus» her­zu­fal­len und das po­li­ti­sche Sys­tem der Schweiz ge­ne­rell als Hy­po­thek für Di­gi­ta­li­sie­rungs­pro­zes­se zu dis­kre­di­tie­ren, möch­te ich hier nach­fol­gend auf­zei­gen,

  • wie sich die wi­der­sprüch­li­chen Be­wer­tungs­er­geb­nis­se zur Qua­li­tät des CH-​Regierungssystems und dem ak­tu­el­len Stand der Ver­wal­tungs­di­gi­ta­li­sie­rung er­klä­ren las­sen;
  • warum es für De­mo­kra­tien not­wen­dig ist, die di­gi­ta­le Trans­for­ma­ti­on des öf­fent­li­chen Sek­tors ganz­heit­lich mit dem po­li­ti­schen Sys­tem zu ver­knüp­fen und die­sen Fokus auch in den län­der­über­grei­fen­den Ran­kings und Bench­marks bei­zu­be­hal­ten.

Die World­wi­de Go­ver­nan­ce In­di­ca­tors sind mit einem de­mo­kra­ti­schen Nar­ra­tiv ver­knüpft. Die Bür­ger:Innen wer­den darin als mün­di­ge, mit glei­chen Rech­ten und Pflich­ten aus­ge­stat­te­te po­li­ti­sche Ak­teur:innen vor­ge­stellt, die ihre ge­sell­schaft­li­chen An­ge­le­gen­hei­ten ge­mein­schaft­lich re­geln, so z. B. über die Be­stim­mung staat­li­cher Auf­ga­ben (qua­li­ty of go­ver­nan­ce ge­mäss WGI, vgl. Teil I). Bei der Ge­stal­tung ihres All­tags (z.B. pri­vat: Hei­rat, Er­werb von Wohn­ei­gen­tum, aber auch be­ruf­lich: Ge­schäfts­grün­dung) be­zie­hen die Bür­ger:innen ge­setz­lich vor­ge­schrie­be­ne staat­li­che Leis­tun­gen. Über den Ver­wal­tungs­voll­zug sol­len die von der Po­li­tik ge­wünsch­ten ge­sell­schaft­li­chen Wir­kun­gen er­zielt wer­den. Gleich­gül­tig, ob ana­log oder di­gi­tal: Auf der Voll­zugs­ebe­ne geht es um nichts we­ni­ger „als die Le­gi­ti­mi­tät von Recht­set­zung und Rechts­kon­kre­ti­sie­rung (…), um ihre Ver­ein­bar­keit mit Ver­fas­sung und Rechts­ord­nung“ 2 (qua­li­ty of ser­vice ge­mäss WGI, vgl. Teil I). De­mo­cra­cy mat­ters: Ein par­ti­zi­pa­ti­ves und als Kreis­lauf an­ge­leg­tes de­mo­kra­ti­sches Po­li­tik­sys­tem, ge­stützt auf in­sti­tu­tio­na­li­sier­te Feedback-​Schleifen (z.B. po­li­ti­sche Rech­te wie bei Wah­len und Ab­stim­mun­gen, Pe­ti­ti­ons­recht) auf den ver­schie­de­nen Ebe­nen von Politik-​, Regierungs-​ und Ver­wal­tungs­voll­zug, un­ter­stützt die Er­neue­rungs­fä­hig­keit sowie Re­si­li­enz de­mo­kra­ti­scher Staat­lich­keit. Es lie­fert damit auch den kon­zep­tio­nel­len Rah­men zur Dis­kus­si­on und Be­hand­lung von Fra­gen der Ver­wal­tungs­mo­der­ni­sie­rung, ohne dabei schon auf De­tails ein­ge­hen zu müs­sen (vgl. Abb. 1).

Smart-​Government: Di­gi­ta­li­sie­rung ohne po­li­ti­schen Kon­text

Das Smart Go­vernment-​Narrativ, wie die­ses u.a. beim eGo­vernment Bench­mark der EU sowie von un­zäh­li­gen na­tio­na­len Di­gi­tal­stra­te­gien un­kri­tisch über­nom­men ist (vgl. Abb. 1), geht auf die Digitalisierungs-​Agenda der World Bank zu­rück. Die­ser An­satz ver­steht sich als sys­tem­po­li­tisch wert­neu­tra­ler Re­fe­renz­rah­men mit glo­ba­ler Aus­strah­lung.

Dabei rü­cken User Ex­pe­ri­ence und Kun­den­zen­trie­rung me­tho­disch in den Vor­der­grund, wäh­rend der po­li­ti­sche Sys­tem­kon­text staat­li­cher Leis­tungs­er­brin­gung weit­ge­hend aus­ge­blen­det bleibt. Unter dem Label Gov­Tech er­weckt die World Bank den Ein­druck, ihr vi­sio­nä­rer An­spruch Put­ting Peop­le first, sei be­reits durch eine Kund:innen-​zentrierte (user cent­ric) or­ga­ni­sa­to­ri­sche und tech­ni­sche Mo­der­ni­sie­rung des Ver­wal­tungs­voll­zugs ein­ge­löst. Mit dem Fokus Service-​Orientierung und User Ex­pe­ri­ence (UX) prä­sen­tiert Gov­Tech in An­leh­nung an die di­gi­ta­le Wirt­schaft ein Nar­ra­tiv der Ver­wal­tungs­di­gi­ta­li­sie­rung, in wel­cher die wei­ter oben dar­ge­leg­ten in­sti­tu­tio­nel­len Rech­te und Ver­fah­ren de­mo­kra­ti­scher Staat­lich­keit aus dem Rah­men fal­len (vgl. Abb. 1).

Ab­bil­dung 1: Un­ter­schied­li­che Be­wer­tungs­er­geb­nis­se auf­grund ab­wei­chen­der Nar­ra­ti­ve: Die Kri­te­ri­en zur Be­ur­tei­lung und Be­wer­tung der Go­ver­nan­ce Qua­li­ty bzw. Ser­vice Qua­li­ty von Re­gie­rungs­sys­te­men (World­wi­de Go­ver­nan­ce In­di­ca­tors) und die Kri­te­ri­en zur Be­ur­tei­lung und Be­wer­tung der Ent­wick­lung der Ver­wal­tungs­di­gi­ta­li­sie­rung (Kun­den­ori­en­tie­rung und User Ex­pe­ri­ence) sind nicht kon­gru­ent. Die Gov­Tech-​Agenda der World Bank gilt in aller Welt als Vor­la­ge für Vi­sio­nen, Stra­te­gien und Hand­lungs­plä­ne für Di­gi­ta­li­sie­run­gen im öf­fent­li­chen Sek­tor. Auch der EU E-​Government Bench­mark lehnt sich in­halt­lich und me­tho­disch daran an.

User Ex­pe­ri­ence als ver­meint­li­ches Mass der Dinge

Die strikt auf den Be­hör­den­zu­gang be­zo­ge­ne Nut­zer­zen­trie­rung gilt beim Smart Government-​Ansatz als Ma­xi­me: Es geht hier um die Ge­samt­heit po­si­ti­ver Er­fah­run­gen, die eine Per­son beim Bezug eines Pro­dukts oder eben einer öf­fent­li­chen Dienst­leis­tung er­fah­ren soll. User Ex­pe­ri­ence (UX) um­fasst Aspek­te wie Be­nut­zer­freund­lich­keit, De­sign, ein­fa­che Zu­gäng­lich­keit, Zu­ver­läs­sig­keit, Si­cher­heit etc. Das gute Ge­fühl von Zu­frie­den­heit und der ei­ge­nen Be­deut­sam­keit, wel­ches sich beim Kauf einer Markt­leis­tun­gen resp. beim Bezug einer öf­fent­li­chen Leis­tung ein­stel­len soll, steht hier im Vor­der­grund. Statt einem Be­hör­den­ma­ra­thon und Zu­stän­dig­keits­dschun­gel soll der Be­hör­den­gang «un­bü­ro­kra­tisch», d.h. easy und once only, ab­ge­wi­ckelt wer­den kön­nen – mit dem durch­aus er­hoff­ten Ne­ben­ef­fekt, die Ak­zep­tanz und das Ver­trau­en der Kund­schaft in die vor­ge­ge­be­nen staat­li­chen Leis­tungs­an­ge­bo­te und In­sti­tu­tio­nen zu stär­ken (vgl. Abb. 1).

Es spricht in der Tat nichts gegen eine User-​zentrierte Aus­rich­tung der di­gi­ta­len Ver­wal­tung: Auch in der Schweiz sol­len die viel­fach be­stehen­den Organisations-​, Prozess-​ und IT-​Silos auf der Voll­zu­ge­be­ne einem in­ter­fö­de­ral ver­netz­ten Ge­samt­sys­tem «durch­gän­gi­ger Be­hör­den­leis­tun­gen» und «naht­lo­ser In­ter­ak­tio­nen» wei­chen.3 Dies muss al­ler­dings für de­mo­kra­ti­sche Staa­ten wie die Schweiz zwin­gend unter Wah­rung von recht­staat­li­chen Stan­dards sowie fö­de­ra­ler Rah­men­be­din­gun­gen er­fol­gen (was tat­säch­lich auch ein Vor­teil sein kann!).4 In einem über­ge­ord­ne­ten po­li­ti­schen Kon­text agie­ren die Ver­wal­tungs­kund: innen der Voll­zugs­ebe­ne näm­lich an ers­ter Stel­le als Bür­ger:innen mit An­sprü­chen (vgl. Abb. 3). Auch für die Ver­wal­tungs­di­gi­ta­li­sie­rung gilt un­ein­ge­schränkt das Pri­mat der Po­li­tik – im Guten wie im Schlech­ten. Der ver­meint­lich sys­tem­neu­tra­le An­satz der World Bank ent­zieht sich je­doch den Grund­satz­fra­gen de­mo­kra­ti­scher Staat­lich­keit und ist da­durch glei­cher­mas­sen so­wohl auf (zur­zeit ver­mehrt po­li­tisch kri­seln­de) De­mo­kra­tien wie auf wirt­schaft­lich am­bi­tio­nier­te und fi­nanz­star­ke Au­to­kra­tien an­wend­bar.

Es ist daher auch kein Zu­fall, dass na­tio­na­le Stra­te­gien zur Ver­wal­tungs­di­gi­ta­li­sie­rung – gleich­gül­tig, ob aus der Schweiz (Motto „Di­gi­tal first“), den EU-​Staaten oder bei­spiels­wei­se aus Saudi-​Arabien – sich be­züg­lich Vi­si­on/Leit­bild, Prin­zi­pi­en, Hand­lungs­fel­dern etc. wie ein Ei dem an­de­ren glei­chen (vgl. Abb. 2). Den Ver­wal­tungs­voll­zug als Kom­fort­zo­ne ge­stal­ten, kann durch­aus den ak­ti­ven Ein­be­zug der User beim smar­ten Ser­vice De­sign von staat­li­chen Leis­tun­gen be­inhal­ten.

Das er­scheint durch­aus löb­lich, er­setzt al­ler­dings nicht die ver­fas­sungs­mäs­sig und in­sti­tu­tio­nell ga­ran­tier­te de­mo­kra­ti­sche Teil­ha­be im po­li­ti­schen Sys­tem. Mit dem Fokus Wert­schöp­fung, Pro­duk­te und Ser­vices für eine zah­lungs­wil­li­ge Kund­schaft ist Co-​Creation in der Di­gi­ta­len Wirt­schaft ein Gebot der Stun­de. Der naive Grund­te­nor vie­ler Ver­wal­tungs­stra­teg:innen in der Schweiz, Eu­ro­pa und an­ders­wo – «Nut­zer:in­nen­zen­trie­rung ist der Hei­li­ge Gral der Ver­wal­tung» resp. «Nut­zer­zen­trie­rung muss die obers­te Ma­xi­me der Ver­wal­tungs­di­gi­ta­li­sie­rung wer­den» (GovTalk20235) – ver­wischt al­ler­dings ele­men­ta­re staat­li­che Zu­sam­men­hän­ge, die in der Di­gi­ta­le Trans­for­ma­ti­on des öf­fent­li­chen Sek­tors kon­sti­tu­tio­nel­ler De­mo­kra­tien eine zen­tra­le Be­deu­tung haben müs­sen.

Es macht so­wohl auf der po­li­ti­schen als auch auf der Ebene des Ver­wal­tungs­voll­zugs den ent­schei­den­den Un­ter­schied, ob die vo­lonté générale durch Bür­ger:innen selbst wahr­ge­nom­men wird oder aber durch ein­zel­ne In­ter­es­sen­grup­pen be­setzt ist, wel­che die Di­gi­ta­li­sie­rung als Herr­schafts­in­stru­ment ein­set­zen.

Ab­bil­dung 2: Finde die 10 Un­ter­schie­de: Vgl. «Stra­te­gie Di­gi­ta­le Ver­wal­tung Schweiz (2024-​2027)» und «Smart Go­vernment Stra­te­gy (2020-​2024)», King­dom of Saudi Ara­bia.

De­mo­kra­tie im Vor­der­grund

De­mo­cra­cy first als Leit­mo­tiv der Di­gi­ta­len Trans­for­ma­ti­on passt da weit bes­ser und schliesst die Um­set­zung der Kund:in­nen­zen­trie­rung auf der Voll­zugs­ebe­ne erst recht mit ein.

Im Un­ter­schied zum Di­gi­ta­li­sie­rungs­an­satz der World Bank ori­en­tiert sich das 2013 ge­neh­mig­te eCH-​Rahmenkonzept Ver­netz­te Ver­wal­tung an einem de­mo­kra­ti­schen Wer­te­ko­dex; dabei stützt es sich auf eine fö­de­ral ge­präg­te Kul­tur der Zu­sam­men­ar­beit. Unter Be­rück­sich­ti­gung de­mo­kra­ti­scher Staat­lich­keit als Ge­stal­tungs­rah­men der di­gi­ta­len Trans­for­ma­ti­on wer­den fol­gen­de Funk­ti­ons­be­rei­che mit­ein­an­der ver­bun­den und in einer Ge­samt­ar­chi­tek­tur er­fasst (vgl. Abb. 3).

Es sind dies:

  • Der über­ge­ord­ne­te Be­reich der Po­li­tik, d.h. der de­mo­kra­ti­schen Aus­hand­lung des­sen, was Staat und Ver­wal­tung mit wel­chen Wir­kun­gen für die Ge­sell­schaft er­brin­gen sol­len (qua­li­ty of go­ver­nan­ce, ge­mäss WGI).
  • Der Be­reich des Voll­zugs von Ver­wal­tungs­leis­tun­gen, mit denen die recht­li­chen und po­li­ti­schen Vor­ga­ben kon­kre­ti­siert und um­ge­setzt wer­den sol­len (qua­li­ty of ser­vices, ge­mäss WGI). Dies um­fasst ins­be­son­de­re die Pro­zes­se der Voll­zugs­tä­tig­keit bei Pro­duk­ti­on und Ver­trieb von öf­fent­li­chen Leis­tun­gen.  
  • Der Be­reich der Res­sour­cen, die für den Ver­wal­tungs­voll­zug und des­sen Mo­der­ni­sie­rung be­nö­tigt wer­den. Bei eCH sind damit ei­ner­seits strategisch-​planerische, methodisch-​fachliche6 sowie ope­ra­ti­ve Fä­hig­kei­ten (Know­how, Er­fah­run­gen etc.) der Ak­teur: innen ge­meint. Des Wei­te­ren be­trifft dies be­reit­zu­stel­len­de fi­nan­zi­el­le Mit­tel sowie die für eine ver­netz­te Ver­wal­tung be­nö­tig­ten Daten, fach­li­chen Funk­tio­nen, IT-​Dienste und -​Infrastrukturen etc.
  • Zu allen drei Be­rei­chen sind das po­li­ti­sche resp. stra­te­gi­sche sowie ope­ra­ti­ve Ma­nage­ment mit­zu­den­ken.7

Ab­bil­dung 3:  Di­gi­ta­le Trans­for­ma­ti­on der öf­fent­li­chen Ver­wal­tung: Das eCH-​Rahmenkonzept po­si­tio­niert sich in einem po­li­ti­schen (de­mo­kra­ti­schen) Sys­tem­kon­text, der im Smart Government-​Ansatz der World Bank aus­ge­blen­det bleibt. Vom Autor er­wei­ter­te Dar­stel­lung der Struk­tur­ele­men­te de­mo­kra­ti­scher Staat­lich­keit ge­mäss eCH-​0203 Er­geb­nis­über­sicht «Ver­netz­te Ver­wal­tung Schweiz» (2021)

Kul­tur als Er­folgs­fak­tor

Das Di­gi­ta­li­sie­rungs­nar­ra­tiv von eCH setzt ex­pli­zit auf die in­sti­tu­tio­nell ver­an­ker­te Kul­tur der in­ter­fö­de­ra­len Zu­sam­men­ar­beit mit den darin ein­ge­bet­te­ten kol­lek­ti­ven Fä­hig­kei­ten zur Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on und -​koordination. Mehr Swiss­ness, d.h. ein ex­pli­zi­ter Bezug auf die de­mo­kra­ti­sche und fö­de­ral aus­ge­präg­te hie­si­ge Kul­tur, bil­det den idea­len Nähr­bo­den für die be­hör­den­über­grei­fen­de Zu­sam­men­ar­beit in Vertrieb-​ und Pro­duk­ti­ons­netz­wer­ken, wie dies in der Di­gi­ta­len Ver­wal­tung Schweiz um­ge­setzt wer­den soll.8 Die ent­spre­chen­den Ba­sis­kon­zep­te go­vernment as a ser­vice plat­form und go­vernment as a ser­vice eco­sys­tem wer­den in Teil 3 die­ses Blogs er­läu­tert. Es wird sich her­aus­stel­len, dass zu­sätz­lich zur ideo­lo­gi­schen Ver­kür­zung der Di­gi­ta­li­sie­rungs­agen­da der World Bank (vgl. Abb. 3) deren Kon­zept der Kun­den­zen­trie­rung me­tho­disch ein­sei­tig auf die Ver­triebs­struk­tu­ren öf­fent­li­cher Leis­tun­gen aus­ge­rich­tet ist. Damit wird das or­ga­ni­sa­to­ri­sche In­no­va­ti­ons­po­ten­ti­al ver­netz­ter Wert­schöp­fung in der Pro­duk­ti­on ver­spielt.

Re­fe­ren­zen

1 Vgl. z.B. St. Hä­ber­li in der NZZ vom 21. Au­gust 2022 sowie R. Vogt in In­si­de IT vom 28. Ok­to­ber 2023

2 Vgl. K. Lenk: Ver­wal­tungs­de­sign: die Ge­stal­tung der tech­nik­durch­drun­ge­nen Ar­beits­or­ga­ni­sa­ti­on und des Um­gangs mit In­for­ma­ti­on und Wis­sen. Ein Al­ter­na­tiv­ent­wurf für eine ge­stal­tungs­taug­li­che Ver­wal­tungs­wis­sen­schaft. Ver­wal­tung und Ma­nage­ment 21. Jg. (2015), Heft 6, S. 294-​303

3 Vgl. Stra­te­gie Di­gi­ta­le Ver­wal­tung Schweiz (2024-​2027)

4 Vgl. eCH-​0126 Rah­men­kon­zept „Ver­netz­te Ver­wal­tung Schweiz“ (2013)

5 Vgl. ent­spre­chen­de State­ments an­läss­lich des GovTalk2023 (Ver­an­stal­te­rin: In­itia­ti­ve D21) mit Ver­ant­wort­li­chen der Ver­wal­tungs­di­gi­ta­li­sie­rung aus Deutsch­land, Ös­ter­reich und der Schweiz

6 ins­be­son­de­re das Architektur-​ und Pro­zess­ma­nage­ment

7 Vgl. eCH-​0126 Rah­men­kon­zept „Ver­netz­te Ver­wal­tung Schweiz“ (2010/2013), Fach­do­ku­ment, S.7

8 Vgl. «Stra­te­gie Di­gi­ta­le Ver­wal­tung Schweiz (2024-​2027)»


Zum Autor

Marc Schaf­froth, lic. phil. I, ar­bei­te­te bis 2021 beim Be­reich Di­gi­ta­le Trans­for­ma­ti­on und IKT-​Steuerung DTI (Schweiz. Bun­des­kanz­lei). In sei­nen Funk­tio­nen als Ge­schäfts­ar­chi­tekt, Prozess-​ und In­for­ma­ti­ons­ma­na­ger hat er u.a. Stan­dar­di­sie­rungs­fach­gre­mi­en des Stan­dar­di­sie­rungs­ver­eins eCH ge­lei­tet.

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